Glutenhaltige Nahrungsmittel
Wer kennt das nicht, ein Kollege, eine Freundin oder Freund, die Oma oder einfach der Nachbar kommen auf einmal um die Ecke mit «Ich bin glutenintolerant». Für nicht betroffene ist es meist unverständlich, dass man «auf einmal» nicht mehr das Brötchen vom Becker nebenan essen kann. In der Tat ist das Thema in den letzten Jahren omnipräsent.

Einerseits sind die Diagnosen heute genauer und wir haben bessere Möglichkeiten diese Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Andererseits scheint es ebenfalls mit dem steigenden Konsum von weizenhaltigen Nahrungsmitteln einen Anstieg der Problematik zu geben.


Es ist nicht immer nur das «böse» Gluten Schuld
, oder doch?

Unglücklicherweise sind oftmals die wirklichen Intoleranzen und Allergien nicht korrekt diagnostiziert. Eine Zöliakie, Allergien auf Gliadin, Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) oder Thioredoxin, sowie Weizensensitivität sind verschiedenen Ursachen unterlegen. Eine genau diagnostische Abklärung ist hier von Nöten.


Zöliakie

Ist eine Unverträglichkeit auf Gluten (Weizenkleber), welche sich in einer Autoimmunreaktion zeigt.

Die IgA (Immunglobulin A) zeigen eine solche Reaktion im Blut an. IgA werden im Körper in den externen Körperflüssigkeiten durch im Epithel liegende Plasmazellen gebildet und stellen dort eine Barriere gegen Krankheitserreger dar.

Die erste Abwehrreaktion des Körpers ist IMMER eine Entzündungsreaktion.

Im Falle einer Zöliakie richtet sich diese Reaktion gegen das aufgenommene Gluten. Leider richtet die stetige Entzündung enormen Schaden, an den Darmzotten an, welche schlussendlich atrophieren.

Eine intakte Darmschleimhaut und -zotten sind notwendig, dass die Nährstoffe im Dünndarm in den Blutkreislauf aufgenommen werden können. Folglich entsteht eine Mangelernährung in Folge der Zöliakie


Weizenproteine-Allergie

Allergische Reaktionen auf Weizenproteine bilden IgE-Antikörper, welche im Körper einerseits Entoparasiten beseitigen, aber ebenso an Allergien beteiligt sind.

IgE-Antikörper lassen sich im Blut nachweisen, oder zeigen sich bei einem Allergietest auf der Haut (Pricktest).

Betroffene leiden meistens auch an Symptomen beim Verzehr andere Getreideformen, wie Roggen und Dinkel.


Weizensensitivität

Ein Mensch kann auch «sensitiv» auf Weizenprodukte und Weizen reagieren,

ohne einen positiven IgE-Antikörper Weizen oder Zöliakie getestet zu werden.

Zumeist sind aber trotzdem Symptome ähnlich der Zöliakie, also Blähungen mit oder ohne Durchfall, oder Bauchschmerzen, vorhanden.

Prof. Dr. Dr. D. Schuppan untersucht seit längerem die Auswirkungen von ATI auf den menschlichen Organismus. ATI ist ein Proteinbestandteil, der als natürliche Abwehr gegen Parasiten vorkommt.

Amylase Trypsin Inhibitoren blockieren im Darm den durch Enzyme bedingten Abbau von Amylase (Verdauung von Stärkeverbindungen) und Trypsin (Verdauung von Proteinen). Dadurch wird über den Toll-like-Rezeptor 4 (TLR4) das Immunsystem angestachelt und bildet, durch u.a. den Ausstoss von Zytokinen, «moderate» Entzündungen, welche auf die Dauer einerseits die Symptome verursachen können, andererseits den gesamten Organismus belasten und ihm zum Nachteil gereichen.

ATI kommt im Weizen zusammen mit Gluten vor, daher ist eine klare Differenzierung schwierig.

Prof. Schuppan’s Forschungsergebnisse deuten dennoch darauf hin, dass Hochleistungsweizen ein zwei-dreimal so hohen Anteil an ATI vorweisst und dies die Probleme verursachen könnte.

Ein weiteres Problem ist die Verarbeitung. Heute werden Teigsorten nicht mehr lange gegoren, sondern mit Backtriebmitteln zu einer schnelleren Verarbeitung vorbereitet.

Das Problem dabei ist allerdings, dass verdauungsbehindernde Inhaltsstoffe, sich nicht über den natürlichen Weg der Gärung abbauen und somit im Endprodukt reduzieren können.

Der vollkommene Verzicht auf Weizenprodukte ist oftmals unnötig. Bei Unwohlsein nach dem Verzehr von Weizenprodukten sollte an erster Stelle die korrekte Diagnose stehen. Danach richtet sich das weitere Vorgehen und Essverhalten. Sicher ist aber der vermehrte Verzicht auf Hochleistungsweizen und die schonende Verarbeitung von Weizenprodukten im Sinne einer Präventivmassnahme für jeden Menschen von Vorteil.



Glossar

Immunglobulin:  Antikörper: Eiweisse aus der Globulingruppe, welche im menschlichen Körper durch den Kontakt mit Antigenen als Immunantwort gebildet werden. Es werden die Hautgruppen IgA, IgE, IgD und IgG unterschieden.
IgA: Immunglobuline A kommen hauptsächlich in externen Körperflüssigkeit wie Milch, Urogenitalschleim, etc. vor und bilden dort die lokale Abwehr gegen Erreger bildet.
IgE: IgE ist ein Schutz gegen Parasiten und ist beteiligt bei allergischen Reaktionen. IgE ist im Blut praktisch inexistent, da es auf den Mastzellen gebunden ist. Bei Antigenkontakt führt IgE zu einer Histamin Ausschüttung. Diese wiederrum bewirkt eine Vasodilatation (Gefässerweiterung), was weiteren Abwehrzellen das Erreichen des Zielgebiets ermöglicht.
Enzym: Biologische Moleküle, welche die Aufgabe im Stoffwechsel erfüllen, chemische Reaktionen bei Körpertemperatur ablaufen zu lassen, welche eigentlich eine viel höhere Aktivierungsenergie in Form von Wärme benötigen würden. Dadurch nehmen Enzyme im menschlichen Organismus und Metabolismus (Stoffwechsel) eine Lebenswichtige Funktion ein. Die chemische Zerlegung von Nahrungsmittelbestandteilen und somit deren Verwertung, wäre ohne Enzyme unmöglich.
Humanes Trypsin: Gemisch aus Verdauungsenzymen, welche im Dünndarm die Eiweisszerlegung ermöglichen.
Amylase: Verdauungsenzym, welches Polysaccharide (Stärkeverbindungen) zerlegt.
Zytokine: Grundsätzliche sind Zytokine eine Gruppe regulatorischen Proteine, welche der Signalübertragung zwischen Zellen dient und somit die Proliferation und die Differenzierung initiiert und reguliert. Es gibt fünf Hauptgruppen von Zytokinen. Interferone, Interleukine, koloniestimulierende Faktoren, Tumornekrosefaktoren und Chemokine. Gewisse Zytokine sind durch ihre Funktion als Mediatoren an entzündlichen Prozessen beteiligt.

 



Corinne Kürschner, NHP i.A.





Quellen

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